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10.09.2025

Einschränkung des Widerrufsrechts: Ausgehöhlte Widerrufsmöglichkeit beschneidet Verbraucherrechte

Bund der Versicherten e. V. (BdV) fordert, Verbraucherrechte zu stärken statt Finanzwirtschaft zu begünstigen

Hamburg - Die aktuelle Änderung des Verbrauchervertrags- und Versicherungsvertragsrechts schränkt das Widerrufsrecht ein und benachteiligt Verbraucherinnen und Verbraucher. Das moniert der Hamburger Verbraucherschutzverein BdV. Künftig soll das Widerrufsrecht nach spätestens zwölf Monaten und 14 Tagen enden – bei Lebensversicherungen nach 24 Monaten und 30 Tagen erlöschen, selbst wenn grundlegende Informationen des Unternehmens zum Vertrag falsch sind oder fehlen.

Bisher wurden die Versicherer in solchen Fällen mit empfindlichen Konsequenzen zur Einhaltung ihrer Informationspflichten angehalten.  Denn solange die Versicherten nicht richtig informiert waren, begann die Widerrufsfrist nicht zu laufen. Sie konnten den Vertrag mit einem Widerruf auch Jahre später ohne Kostennachteile auflösen. Da insbesondere die Auflösung eines Lebensversicherungsvertrages erhebliche Kostennachteile bedeutet, ist das eine attraktive Vertragsoption.

Mit einer Nachbelehrung konnte der Versicherer indes sein Versäumnis jederzeit nachholen und die Frist von 30 Tagen in Gang setzen. Doch die rechtssichere Möglichkeit wählte in der Vergangenheit kaum ein Versicherer. Stattdessen wehrten die Unternehmen die Widerrufsrechte ihrer Kund*innen mit juristischen Mitteln ab. Ihre häufigsten Argumente: der Informationsfehler ist nebensächlich und das Verhalten der Versicherungskund*innen treuwidrig. In der Folge kam es zu Massenverfahren vor den schnell überlasteten Gerichten und zu einer bedenklich unübersichtlichen Rechtsprechung.

„Die bisherige Regelung zum Widerrufsrecht war einfach und konsequent. Jetzt zieht der Gesetzgeber weichgekocht vom ewigen Lamenti der Versicherer und der Justiz dem Verbraucherschutz den Stecker. Künftig bleiben selbst gravierende Verstöße gegen Informationspflichten nahezu folgenlos. Stellt ein Verbraucher zu spät fest, dass Angaben seines Versicherers nicht stimmen, kann er nur noch mit hohen Verlusten aus einem mängelbelasteten Lebensversicherungsvertrag aussteigen“, sagt BdV-Vorstand Stephen Rehmke.

Hinzu kommt, dass es den Verbraucher*innen deutlich schwerer gemacht worden ist, ihre Widerrufsrechte bei Versicherungsverträgen zu verstehen. Denn der Gesetzgeber hat das Muster für eine Widerrufsbelehrung, das die Versicherer als vermeintlich rechtssichere Variante verwenden sollen, mittlerweile auf mehr als 2.500 Wörter anwachsen lassen. In einer üblichen Schriftgröße füllt das knapp vier Seiten. Die Belehrung beschreibt detailreich wie Verbraucher*innen selbst prüfen können, ob ihnen auch alle notwendigen Vertragsinformationen gegeben worden sind.

Anstatt den europarechtlichen Vorgaben einer „klaren, verständlichen und eindeutigen“ Information gerecht zu werden, entsteht so ein unübersichtlicher Text, der Verbraucher*innen überfordert.

„Ein solcher information overload ist ein beliebtes Mittel der Desinformation. Ein Verbraucher bekommt den Eindruck, dass der kleingedruckte und von Rechtsbegriffen durchtränkte Text nur für Vertragsjuristen da ist, aber kein zentrales Verbraucherrecht beschreibt. Das Widerrufsrecht verkommt zur leeren Hülle,“ sagt Rehmke.

Der BdV fordert deshalb, das Widerrufsrecht nicht einzuschränken, sondern konsequent an seinem Schutzzweck auszurichten: Verbraucherinnen und Verbraucher müssen in ihrer Entscheidungsfreiheit gestärkt werden und Vertrauen darin haben können, dass Vertragsinformationen vollständig und korrekt sind.

Der BdV hatte seine Bedenken bereits in einer Stellungnahme an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zum Gesetzentwurf festgehalten.


Über den BdV

Als waschechte NGO treten wir vom Bund der Versicherten e. V. seit unserer Gründung im Jahr 1982 für die Rechte der Versicherten ein. Mit rund 43.000 Mitgliedern bilden wir ein Gegengewicht zur Versicherungslobby und sind damit eine der wichtigsten Verbraucherschutzorganisationen Deutschlands.