Fresh – wie sinnvoll ist der Allround-Versicherungsschutz in drei Klicks?
FRESH verspricht einen einfachen Weg zur Privathaftpflicht- und weiteren Versicherungen. Doch die Frage bleibt, ob dieser Allround-Versicherungsschutz tatsächlich sinnvoll ist oder ob man nicht besser die einzelnen Policen separat abschließen sollte.
Das Wichtigste auf einen Blick:
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FRESH-Angebot: FRESH bietet über WhatsApp eine Allround-Versicherung an, die mehrere Versicherungen in einem Paket vereint, ab 39,99 Euro pro Monat.
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Überflüssige Leistungen: Teile wie die Glas- und Elektronikversicherung sind unnötig, da sie oft nur den Zeitwert ersetzen und eine hohe Selbstbeteiligung haben.
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Unklare Bedingungen: Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind verkürzt und teilweise verwirrend, was die Transparenz und Nachvollziehbarkeit einschränkt.
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Vorsicht bei digitalen Angeboten: Verbraucher sollten sicherstellen, dass der angebotene Versicherungsschutz sinnvoll ist, um böse Überraschungen im Schadenfall zu vermeiden.
WhatsApp benutzt heutzutage fast jede und jeder – und überhaupt haben wir in der schnelllebigen Welt von Instagram, TikTok und Co. schließlich auch keine Zeit, uns vor dem Abschluss einer Versicherung noch durch die langen Versicherungsbedingungen zu kämpfen, die meist ja doch niemand versteht.
Wie praktisch wäre es, wenn sich eine der wichtigsten Versicherung wie die Privathaftpflichtversicherung mit nur wenigen Klicks ganz bequem über WhatsApp abschließen ließe! Genau das ist das Angebot der FRESH Insurance Services GmbH aus München gemäß ihrem Slogan: „Für alle, die es gerne unkompliziert haben.“ Und ganz ehrlich, wer will das nicht?
Praktisch, aber nicht unbedingt auch sinnvoll
Schauen wir uns das Angebot einmal näher an.
Entscheide ich mich für diesen unkomplizierten Weg, dann schließe ich gleich ein ganzes Versicherungspaket ab. „FRESH, die neue Versicherungs-Flatrate per WhatsApp“ beinhaltet nämlich neben der Privathaftpflichtversicherung noch eine Hausrat-, Gegenstands-, Glas- und Elektronikversicherung, Unfall-, Fahrrad & eBike- sowie eine Haustier-Haftpflichtversicherung, das heißt: ein Vertrag – sieben Versicherungen. Hierzu später noch mehr.
Den Schutz erhalte ich im Single Flat-Tarif ab 39,99 Euro pro Monat. Dass ich vielleicht gar kein Haustier habe und auch keine Glas- und Elektronikversicherung benötige, interessiert da nicht. Entweder alles oder gar nichts.
Gerade eine Glas- und Elektronikversicherung halten wir für überflüssig, denn wenn das Handy defekt ist oder man es verliert, treibt einen das sehr wahrscheinlich nicht in den finanziellen Ruin. Die versicherte Leistung wird sich wohl in den wenigsten Fällen rechnen, denn entschädigt wird zumeist nur der Zeitwert des Handys. Obendrein muss man eine Selbstbeteiligung zahlen. Bei Fresh sind das 250 Euro pro Schadensfall.
Die Frage ist auch, wie gut die einzelnen Versicherungskomponenten sind. Hier haben Verbraucher*innen keinerlei Möglichkeit einer Bewertung.
Eine teure Kombination, die niemand wirklich braucht
Knapp 40 Euro im Monat für ein umfangreiches Versicherungspaket mögen auf den ersten Blick vielleicht nicht teuer erscheinen. Auf das Jahr hochgerechnet sind das aber fast 480 Euro – und das für Versicherungen, die ich ja sehr wahrscheinlich gar nicht alle brauche! Wer also nicht unnötig Geld aus dem Fenster werfen möchte, sollte hier doch genauer hinsehen, denn es kann wesentlich günstiger sein, die Versicherungen separat abzuschließen als direkt ein gesamtes Paket.
Zudem sind nicht unbedingt alle Versicherungen für jede*n erforderlich: Über den Schutz einer Privathaftpflichtversicherung sollte jede*r verfügen, ob darüber hinaus auch eine Hausrat- und Unfallversicherung notwendig ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Auch bietet in der Regel kein Versicherer einen qualitativ hochwertigen Versicherungsschutz in allen Versicherungssparten. Daher sollte man den benötigten Versicherungsschutz als Einzelpolice abschließen.
Einfach ist nicht immer auch verständlich
Das Angebot von FRESH richtet sich ganz klar an junge Menschen, die ihre ersten Versicherungen abschließen wollen und das einfach und unkompliziert über das Smartphone in nur wenigen Klicks – optimal für die Smartphone-affine Generation auch mit der Zahlung (ausschließlich) per PayPal.
Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) sind passend dazu auf gerade mal drei Seiten zusammengefasst nach dem Motto: „Das versteht wirklich jede*r!“. Das mag zwar attraktiv wirken, liest man sich die kurzgefassten AVB jedoch genauer durch, so lassen sie Leser*innen doch eher verwirrt zurück. So heißt es darin unter anderem: „Fresh leistet nicht, soweit eine andere Versicherung Versicherungsschutz bietet.“ Was bedeutet das aber ganz konkret, wenn ich einen Unfall habe und zum Beispiel auch meine Kreditkarte eine Unfallversicherung beinhaltet – zahlt Fresh dann nichts?
Umfasst die Versicherungs-Flat in der Empfehlung auf der Startseite noch sieben Versicherungen, so werden diese in den AVB auf fünf Versicherungen reduziert: „Fresh Versicherung ist eine Kombi-Versicherung welche die Bereiche Hausrat-, Gegenstands-, Privathaftpflicht,- Tierhalterhaftpflicht- und Unfallversicherung beinhaltet.“ Die Glas- und Elektronik- sowie Fahrrad & eBike-Versicherungen werden hier nicht mehr aufgeführt und Verbraucher*innen können nur vermuten, dass hiermit die „Gegenstandsversicherung“ gemeint ist. Doch wirklich sicher sein kann man nicht.
Vorsicht, unklare Bedingungen!
Bei der Hausratversicherung werden pro Gegenstand maximal 5.000 Euro ersetzt, wenn zum Beispiel bei einem Einbruchdiebstahl Dinge aus der Wohnung entwendet werden. Diese Regelung ist zwar transparent, aber marktunüblich. Unbeantwortet bleibt aber: Bezieht sich diese Begrenzung auf Sachgesamtheiten wie Anbauküchen („eingebaute Küchen“) oder auf deren einzelne Komponenten? Wieviel zahlt Fresh in diesen Fällen?
Vielleicht sogar rechtlich unzulässig, da sie für Verbraucher*innen unangemessen benachteiligend oder überraschend sein könnte, kann diese Deckungsbeschränkung sein: „Wenn der Schaden im Zusammenhang mit einer bei dir vorliegenden gesundheitlicher Beeinträchtigung, der Einnahme von Medikamenten, Alkoholkonsum, Konsum von Drogen oder sonstigen Mitteln, die das Bewusstsein beeinträchtigen, verursacht wurde.“
Auch weitere Fragen, wie beispielsweise, ob die Versicherung im Schadenfall einer geliehenen, gemieteten oder gepachteten Sache zahlen würde, bleibt unbeantwortet. Denn dies ist bei manchen Haftpflichtversicherern nicht der Fall und muss explizit in den AVB aufgeführt sein.
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Jeglicher Kontakt erfolgt über WhatsApp
Wer weitere Informationen zum Versicherungspaket haben möchte, muss sich an den Versicherer über WhatsApp wenden. Schreibt man diesen an, so folgen allgemeine Antworten vom Chatbot, die einem allerdings auch keine konkreteren Informationen liefern. Nach der zweiten automatischen Antwort erfolgt dann auch schon der Aufruf „Lass uns dich etwas kennenlernen. Wie heißt du mit Vornamen?“
Reagiert man darauf nicht, erhält man (so in unserem Test) eine Nachricht beziehungsweise Anruf mit dem Angebot einer telefonischen Beratung.
Digital ist angesagt
Gerade bei jungen Menschen sind digitale Angebote voll im Trend – es soll schnell gehen und unkompliziert sein. Der Markt an digitalen Versicherern scheint deshalb immer größer zu werden und Fresh ist nur einer von vielen Anbietern, bei denen man praktisch über das Smartphone in wenigen Klicks eine Versicherung abschließen kann.
Fazit: bequem aber riskant
Nein, früher war nicht immer alles besser und es ist gut, dass die Digitalisierung auch im Bereich Versicherungen weiter fortschreitet. Doch sollte man genau hinschauen und sicher sein, dass der angebotene Versicherungsschutz sinnvoll ist und vor allem auch qualitativ passt. Denn sonst kann es durchaus passieren, dass man im Schadenfall böse und vor allem teure Überraschungen erlebt, wenn sich dann herausstellen sollte, dass doch nicht alle Versicherungsschäden erwartungsgemäß abgedeckt waren.
Auch rechnet sich der Versicherungsschutz oftmals nicht – wie im Fall von Fresh, da nicht alle Versicherungen des Allround-Pakets benötigt werden und es günstiger sein kann, die jeweils erforderlichen Versicherungen einzeln abzuschließen.
Und wer unsicher ist, ob eine bestimmte Versicherung sinnvoll und qualitativ gut ist, kann sich als Mitglied beim BdV individuell beraten lassen!
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