22.09.2021

Das Für und Wider bei Krebsversicherungen

Krebsversicherung – im ersten Moment klingt sie praktisch, doch wie sinnvoll ist sie wirklich? Ist sie die richtige Lösung oder nur ein Geschäft mit der Angst? Lies hier, was hinter dieser Versicherung steckt, welche Leistungsauslöser wirklich zählen und warum auch die kleinen, oft übersehenen Zusatzleistungen einen wichtigen Unterschied machen können.


Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Schnelle finanzielle Unterstützung bei Krebsdiagnose

  • Zusatzleistungen: Psychologische Beratung, Stilberatung, etc.

  • Leistet nur bei bestimmten Krebsarten (nicht bei allen Krebserkrankungen)

  • Einmalzahlung statt Einkommenssicherung

  • Vermarktung oft durch die Angst vor Krebs

  • Wichtiger als Geld: Zusatzleistungen für Unterstützung im Alltag

  • Tarife noch relativ neu und stark unterschiedlich, daher gründliche Prüfung der Bedingungen notwendig.


Es liegt im Wesen des Menschen, immer erstmal alles Neue eher kacke zu finden. Ist ja auch verständlich. Der Höhlenmensch, der die unbekannten Beeren nicht isst, wird sich sicher nicht vergiften.

Ich bin da ganz anders, aber auch nicht unbedingt besser. Bei mir ist es so, wenn alle etwas schlecht finden, suche ich krampfhaft nach was, das ich daran gut finden kann.

Das passiert gerade wieder bei der sogenannten Krebsversicherung. Da findet sich auch sofort und leicht eine Mehrheit, die das ungeil findet. Vor allem, weil diese Versicherung nur bei Krebs leistet.

Das überzeugt mich aber noch nicht. Eine Kaffeemaschine ist im Vergleich zu einer Kochplatte auch relativ limitiert in der Anwendung und trotzdem wäre ohne Kaffeemaschine das Leben ein anderes.

Aber mal der Reihe nach.

Derzeit gibt es fünf Anbieter einer reinen Krebsversicherung. Das sind Versicherungen, die nach Art der Lebensversicherung kalkuliert sind und deren einziger Leistungsauslöser eben Krebs ist. Es gibt auch Zusatzbausteine oder Versicherungen, die wie eine Sachversicherung kalkuliert sind, und auch bei Krebs eine Leistung erbringen. Aber alles, was nach Art der Sachversicherung kalkuliert ist, kann vom Versicherer auch immer wieder angepasst oder sogar gekündigt werden. Das ist bei der Lebensversicherung nicht so einfach.

Eine Krebsversicherung ist keine BU-Versicherung

Der erste Kritikpunkt ist schon mal, dass die Versicherung keine Berufsunfähigkeits-Versicherung ist. Es ist halt eine Kaffeemaschine. Die Krebsversicherung hat nix mit meinem Beruf zu tun. Sie leistet nur bei Krebs. Und da auch keine Rente, sondern eine Einmalzahlung.

Der Vorteil ist, dass ich das Geld schnell erhalte. Der Auslöser ist medizinisch definiert. Ein Onkologe kann mir die Diagnose stellen. Bei der BU-Versicherung ist der Auslöser dreigeteilt. Ich muss eine gesundheitliche Einschränkung durch einen Facharzt nachweisen, dann muss ich dem Versicherer meine beruflichen Tätigkeiten schildern, um dann zu beweisen, dass ich nur noch die Hälfte der dieser Tätigkeiten wegen der Einschränkung ausüben kann.

Das Geld aus der Krebsversicherung ist in erster Linie nicht als Einkommensersatz gedacht. Poetisch gesprochen, kann ich mir damit aber die Zeit einkaufen, die ich brauche, um mich auf meine Gesundung zu konzentrieren. Theoretisch kann ich damit auch Behandlungen zahlen, die die Krankenkasse nicht zahlt.

Eine Krebsversicherung leistet nicht bei jedem Krebs

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Versicherungen nicht bei jedem Krebs leisten. Das kann echt übel sein. Ein Versicherer leistet z. B. nur bei 8 Krebsarten und das sind jeweils die geschlechterspezifischen. Also, Gebärmutterhals, Brust oder Hoden und Prostata. Die anderen vier Anbieter leisten zunächst bei jeder Art, haben aber Einschränkungen. Bei einem ist jeder Tumor kleiner T2 und Leukämie ausgeschlossen, der andere schließt Leukämie unter dem Schweregrad RAI-Klasse I oder Binet-Klasse AI aus, schwarzen Hautkrebs in den Stufen T1 und T2, Schilddrüsenkrebs in T1-T3Prostata und Harnblase in T1 sowie Non-Hodgkin-Lymphome im Stadium T1.
Ein fairerer Ausschluss betrifft dann nur schwarzen Hautkrebs bis zu einer Eindringtiefe von 2 mm und Krebs, der seinen Ursprung im Knochenmark hat, sofern davon nur eine Lymphknotenregion betroffen ist oder keine Anämie verursacht wurde.

Auch der Ausschluss bei schwarzem Hautkrebs kleiner T2b, Prostata kleiner T2 und Schilddrüse kleiner T3 scheinen fair. Vor allem, weil in diesem Tarif unabhängig vom Stadium geleistet wird, wenn der Krebs streut.

Grundsätzlich sind hier Ausschlüsse notwendig. Krebs kommt sehr häufig vor und nicht immer ist der Eingriff lebensverändernd. Wenn jetzt bei jedem bösartigen Muttermal geleistet würde, wäre der Tarif sehr teuer. Außerdem benötige ich eine Versicherung immer nur dann, wenn es eben um die Existenz geht. Es geht nicht darum, Luxus zu versichern.

Wichtig ist in meinen Augen also, dass eine Versicherung, die sich Krebsversicherung nennt, bei allen Krebsarten leistet, die meine Gesundheit nachhaltig bedrohen. Warum bei einem Hirntumor nicht sofort geleistet wird, erschließt sich mir nicht unbedingt, aber bei Prostata-Krebs im Stadium T1 muss beobachtet werden, aber sonst ändert sich mein Leben nicht groß.

Die Krebsversicherung leistet je nach Anbieter maximal 8.000 Euro bis zu maximal 100.000 Euro.


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Wichtiger als Geld: Assistance-Leistungen 

Wichtiger als das Geld sind in meinen Augen aber die Assistance-Leistungen, die zumindest zwei Tarife im Programm haben. Hier bekomme ich Unterstützung, wenn ich Krebs habe. Das reicht von psychologischer Unterstützung bis hin zu einer Stilberatung. Das mag auf dem ersten Blick ein wenig albern klingen, aber in Interviews, die ich mit Betroffenen geführt habe, war es schon ein Thema, welche Perücke ich will oder ob es nicht auch andere Kopfbedeckungen gibt.

Den wenigsten hat Geld gefehlt. Es ging viel mehr um Unterstützung. Welche Formulare muss ich ausfüllen? Wo bekomme ich auf die Schnelle einen Kita-Platz her? Ist eine Chemo ohne Alternative?

Gerade in diese Richtung gedacht, kann eine Krebsversicherung im Fall X auch wirklich hilfreich sein.

Das Geschäft mit der Angst

Der einzige Vorwurf, den sich die Krebsversicherung wirklich gefallen lassen muss: Sie verkauft sich hauptsächlich über Angst. Diese Krankheit ist seit Jahren sehr präsent. Jeder kennt jemanden oder hat selbst schon ein Muttermal entfernt bekommen. Konsequenterweise sollte man auch eine Versicherung für Multiple Sklerose oder Diabetes einführen. Da ist aber eben die Angst nicht so groß.

Unterm Strich würde ich sagen, dass man auch das Richtige aus den falschen Gründen tun kann. Klar wollen die Versicherer damit Geld verdienen. Ohne zu sehr schocken zu wollen: Das wollen Versicherer mit jedem Produkt…

Aber wenn ich mir bewusst bin, dass diese Versicherung erst dann leistet, wenn ich Krebs in einer Form habe, die meine Gesundheit gefährden kann und ich eben genau davor Angst habe, dann ist es auch gut, wenn es eine Versicherung gibt, die mich besser schlafen lässt. Und das ist ja irgendwie, wieder poetisch gesprochen, die Aufgabe einer Versicherung. Wer Angst vor einer Überschwemmung hat, schließt das ein. Und wer Angst vor Krebs hat, der versichert das. In beiden Fällen bin ich nicht davor sicher, dass es passiert. Ich bekomme dann aber Geld. Und wenn ich den richtigen Tarif wähle, auch Unterstützung.

Und wieder völlig unpoetisch: Die Krebsversicherung ist noch jung am Markt. Das bedeutet, dass sich die Tarife noch stark voneinander unterscheiden. Deshalb ist es hier besonders wichtig, die Bedingungen gründlich zu studieren, um Überraschungen zu vermeiden.


Über mich

Grüß dich, ich heiße Philip Wenzel und bin Chefredakteur auf WORKSURANCE, einem Infoportal zur Arbeitskraftabsicherung. Außerdem bin ich noch selbst als Versicherungsmakler angestellt bei der BSC GmbH und einer der Geschäftsführer der Biometrie Expertenservice GmbH, wo wir mit Versicherern Produkte oder Tarife entwickeln. Die meisten kennen mich aber von meinen zahlreichen Veröffentlichungen in der Fachpresse. Ich bin zwar Fachwirt für Versicherungen und Finanzen (IHK), aber habe ursprünglich Deutsch und Geschichte auf Lehramt studiert und auch als Lehrer gearbeitet. Und dieser teils wissenschaftliche, teils pädagogische Ansatz prägt bis heute meine Beratung und meine ganze Arbeit in der Branche. Ich versuche selbst aus den Brettern vor den Köpfen noch Brücken zu bauen. Denn nur wenn mein Kunde alle hilfreichen Informationen hat, kann er für sich eine sinnvolle Entscheidung treffen. Und nur wenn ein Tarif den einzelnen Kunden genauso im Blick hat wie das Kollektiv, ist es ein guter Tarif. Deswegen sage ich auch als Experte für Kleingedrucktes, dass die Bedingungen erst dann wichtig sind, wenn der Kunde seine persönliche Lösung gefunden hat. Wenn du jetzt mehr Fragen hast als vorher oder schon jetzt weißt, dass du anderer Meinung bist, dann ist das schon ok. Du darfst mir aber auch schreiben und wir können uns darüber unterhalten! Ich freu mich darauf! info@worksurance.de