12.01.2023

Mein Vermieter fordert eine Hausrat- und Haftpflichtversicherung von mir! Unerlaubt oder erlaubt?

Viele Vermieter*innen verlangen von Mieter*innen den Nachweis einer Hausrat- oder Haftpflichtversicherung. Doch ist das überhaupt erlaubt? Erfahren Sie, warum solche Forderungen oft unzulässig sind und welche Versicherungen dennoch sinnvoll sein können.


Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Vermieter dürfen Mieter nicht zum Abschluss einer Hausrat- oder Haftpflichtversicherung verpflichten.

  • Ein Urteil des Amtsgerichts Dresden (2011) bestätigt, dass Vermieter keinen Nachweis von Versicherungen verlangen dürfen.

  • Obwohl keine rechtliche Pflicht besteht, empfiehlt es sich, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, insbesondere mit Mietsachschädendeckung.


Der Mietvertrag ist unterzeichnet, die Freude riesig – endlich ziehen wir um! Doch dann, nachdem die Möbel stehen und der ganze Umzugsstress überwunden ist, flattert plötzlich ein Brief in den Briefkasten – vom Vermieter. In bürokratisch anmutendem Tonfall fordert dieser den Nachweis einer Hausrat- und einer Haftpflichtversicherung ein. Aber bitte pronto! Doch darf der das? Und was, wenn ich diese Versicherungen gar nicht abgeschlossen habe und der vermeintlichen Nachweispflicht nicht nachkommen kann oder will?

Die Antwort auf die erste Frage lautet: Nein. Die Antwort auf die zweite: Sie müssen zwar nichts nachweisen, doch zu Ihrer eigenen Sicherheit sollten Sie unbedingt eine Privathaftpflichtversicherung abschließen.

Warum eine solche „Versicherungspflicht“ nicht rechtens ist, liegt an einem Verstoß gegen einen Paragrafen des Bürgerliches Gesetzbuch, kurz BGB: Wenn im Mietvertrag der Abschluss einer Versicherung gefordert wird, handelt es sich um eine sogenannte Formularklausel, die wiederum gegen § 307 BGB verstößt. Darin steht grob zusammengefasst, dass Mieter*innen durch Mietvertragsklauseln nicht unangemessen benachteiligt werden dürfen und diese auch von durchschnittlichen Versicherungsnehmer*innen verstanden werden müssen. Andernfalls darf sich die Vermieterin bzw. der Vermieter nicht darauf berufen. Auch dürfen Klauseln nicht überraschend im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB sein. Demnach dürfen Verträge keine Bestimmungen enthalten, mit denen die/der Vertragspartner*in nicht rechnen kann. Sind dennoch überraschende oder mehrdeutige Klauseln enthalten, gehen Zweifel bei der Auslegung der Klauseln zulasten der Verfasserin bzw. des Verfassers (Verwender*in).

Das Amtsgericht Dresden urteilte im Jahr 2011 beispielsweise zugunsten eines Mieters. So sei die Klage des Vermieters zulässig, jedoch nicht begründet gewesen. „Eine Pflicht des Beklagten zum Nachweis einer Hausrats- und Haftpflichtversicherung durch Vorlage von Versicherungspolicen und Nachweise der Prämienzahlung ist durch § 22 des Mietvertrages nicht wirksam vereinbart worden, weil diese Vertragsklausel gemäß §§ 305c Abs. 1, 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist.“ Der Vermieter darf also vom Mieter den Abschluss einer Haftpflicht- oder Hausratversicherungen nicht fordern. Nach Angaben des Deutschen Mieterbundes dürfen lediglich die Kosten der Sach- (v. a. der Wohngebäudeversicherung) und Haftpflichtversicherungen für das Haus selbst in der jährlichen Betriebskostenabrechnung enthalten sein.


Exkurs mietvertragliche Formularklauseln

Die Anzahl mietvertraglicher Formularklauseln sind laut Berliner Mieterverein „schier unübersehbar“. Es gebe „ca. 1.000 verschiedene gedruckte Mietvertragsformulare und einige zehntausend auf den Computern von Hausverwaltungen und Anwaltsbüros entstandene ‚individuelle‘ Formularverträge“. In der Rechtsdatenbank des Berliner Mietervereins seien mittlerweile über 6.000 Entscheidungen zu Formularklauseln gespeichert. Jedoch nur ein Bruchteil der verwendeten Klauseln sei bisher von den Gerichten auf Wirksamkeit geprüft worden. Aus diesem Grund müssten mietvertragliche Formularklauseln auch stets im Einzelfall beurteilt werden. Zehn Beispiele unwirksamer Formularklauseln finden Sie hier.


BdV-Empfehlung: Selbst, wenn Sie der Vermieterin bzw. dem Vermieter gegenüber keine Rechenschaft schuldig sind, ist es empfehlenswert, eine Privathaftpflichtversicherung als eine der wichtigsten Versicherungen abzuschließen. Dabei sollte man unbedingt darauf achten, dass auch Mietsachschäden an unbeweglichen Sachen (z. B. Wohnräumen) mindestens mit 1 Millionen Euro mitversichert sind sowie Mietsachschäden an beweglichen, gemieteten, geliehenen und gepachteten Sachen.

Die Hausratversicherung ist dagegen grundsätzlich nachrangig, kann allerdings sinnvoll sein. Vorab sollte man solche Absicherungen prüfen, die wichtiger sind. Zudem hängt die Entscheidung maßgeblich von der eigenen finanziellen Situation sowie von der Wertigkeit der eigenen Hausratgegenstände ab. Auch die Risikosituation des eigenen Wohnorts kann als Kriterium hinzugezogen werden. Letztlich spielt die eigene finanzielle Situation kombiniert mit einer realistischen Einschätzung der eigenen wirtschaftlichen Situation die maßgebende Rolle bei der Entscheidungsfindung.


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Sarah Sperling | © Achenbach 2021

Über mich

Ich bin Sarah und verstärke das Presseteam des BdV als Redakteurin. Neben meiner schreibenden Tätigkeit für die interne als auch externe Kommunikation mache ich Web-Controlling und setze mich mit SEO-Maßnahmen auseinander. Zuvor war ich knapp acht Jahre lang als Journalistin für verschiedene Fachmedien, insbesondere aus dem Marketing-und Wirtschaftsbereich, tätig. Privat begeistere ich mich für Verbraucherschutzthemen und habe mich in meinem politikwissenschaftlichen Studium vorzugsweise mit sozial- und gesellschaftskritischen Themen auseinandergesetzt. Im BdV möchte ich mich gemeinsam mit dem tollen Team für die Rechte der Versicherten einsetzen, ihnen zu sinnvollen Entscheidungen verhelfen und dank der Arbeit unserer hausinternen Strategen unfaire Klauseln öffentlich machen.