21.7.2020

Versicherungsverträge kündigen – das müssen Sie wissen

Bei der Kündigung von Versicherungsverträgen gilt es einiges zu beachten. Am wichtigsten ist zunächst, dass Sie einen bestehenden Vertrag nur dann kündigen, wenn Sie den Versicherungsschutz wirklich dauerhaft nicht mehr benötigen oder sicher sind, dass Sie den Schutz in einem anderen Tarif oder bei einem anderen Versicherer bekommen.

Benötigen Sie den Versicherungsschutz weiterhin, sollten Sie ihn sich unbedingt vor Kündigung des alten Vertrages beschaffen. Achten Sie dabei auf einen lückenlosen Übergang. Bekommen Sie beispielsweise wegen Vorschäden oder Vorerkrankungen keinen neuen Vertrag und haben den alten bereits gekündigt, riskieren Sie, ohne Versicherungsschutz dazustehen. Denn eine einmal ausgesprochene Kündigung ist mit Empfang durch den Versicherer wirksam. Man kann sie nur mit dem Einverständnis des Versicherers rückgängig machen – gerade bei Vorschäden und Vorerkrankungen könnte das schwierig werden.

Widerruf statt Kündigung

Um einen unnötigen oder unvorteilhaften Versicherungsvertrag loszuwerden, bedarf es nicht immer einer Kündigung. Denn innerhalb einer gewissen Frist nach Abschluss eines Versicherungsvertrages können Sie diesen widerrufen. Für Versicherungsverträge gilt eine einheitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen. Die Frist beginnt mit dem Erhalt der vollständigen Vertragsunterlagen, des Versicherungsscheins und einer deutlich gestalteten Widerrufsbelehrung. Die Frist bei Lebensversicherungsverträgen beträgt 30 Tage.

Der Widerruf muss fristgerecht und in Textform gegenüber dem Versicherer erklärt werden. In einigen Fällen besteht das Widerrufsrecht jedoch nicht – beispielsweise wenn die Versicherungsdauer weniger als einen Monat beträgt.

Ordentliche Kündigung: Fristen beachten

Die meisten Versicherungsverträge können mit einer Frist von drei Monaten zum Ende einer Versicherungsperiode gekündigt werden. Die Versicherungsperiode darf höchstens ein Jahr betragen. Manchmal ist die Kündigung in den ersten drei Jahren nicht möglich. Achtung: Das Versicherungsjahr entspricht nicht zwangsläufig dem Kalenderjahr. Beginn- oder Ablaufdatum des Vertrages gehen aus dem Versicherungsschein hervor.

Für alle Versicherungssparten gilt: Die Kündigung des Versicherungsvertrags muss innerhalb der Kündigungsfrist beim Versicherer eingegangen sein. Damit Sie besser nachweisen können, dass Sie die Frist gewahrt haben, schicken Sie die Kündigung per Einwurfeinschreiben. Einen Nachweis über den Inhalt des Schreibens haben Sie dann jedoch nicht geführt. Wenn Sie außerdem per Fax kündigen und den Beleg aufbewahren, hat das den Vorteil, dass auf diesem meist die erste Seite des Faxes mit angedruckt wird. Dies ist auch gegeben, wenn Sie zudem per E-Mail kündigen und die gesendete E-Mail sichern (viele Versicherer versenden automatisierte Eingangsbestätigungen).

Tipp: Verwenden Sie die Formulierung „Ich kündige zum xx.xx., hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt.“. So wird die Kündigung auch dann nicht unwirksam, wenn sie den Versicherer später als geplant erreicht. Das Vertragsende verschiebt sich dann lediglich. Fordern Sie den Versicherer zudem auf, Ihnen die Kündigung und den Beendigungszeitpunkt des Vertrages zu bestätigen.

Wann Sie noch kündigen können

Sie (und auch der Versicherer) können Ihren Vertrag kündigen, nachdem ein Schadenfall eingetreten ist – sofern es sich um eine Haftpflicht-, Kfz-, Sach- oder Unfallversicherung handelt. In der Rechtsschutzversicherung können Sie Ihren Vertrag zum einen kündigen, wenn der Versicherer die Deckung im Schadenfall zu Unrecht verweigert und zum anderen, wenn zwei Versicherungsfälle innerhalb von zwölf Monaten eingetreten sind und der Versicherer seine Leistungspflicht bejaht hat.

Auch bei der Kündigung im Schadenfall müssen Fristen beachtet werden: Nachdem der Versicherer seine Leistungspflicht anerkannt oder endgültig abgelehnt hat, haben sie bis zum Ablauf eines Monats Zeit zu kündigen. Den Zeitpunkt, zu dem der Vertrag enden soll, können Sie dabei frei wählen. Die Kündigung kann sofort wirksam werden oder zu jedem Zeitpunkt bis zum Ende der laufenden Versicherungsperiode.

Sie haben auch das Recht zu kündigen, wenn der Versicherer die Prämie aufgrund einer Anpassungsklausel erhöht, ohne dass sich gleichzeitig der Umfang des Versicherungsschutzes erweitert. Sie können dann innerhalb eines Monats, nachdem Ihnen der Versicherer die Prämienerhöhung mitgeteilt hat, kündigen. Der Versicherungsvertrag endet dann mit sofortiger Wirkung, also mit Eingang der Kündigung beim Versicherer – frühestens jedoch zu dem Zeitpunkt, ab dem sie die höhere Prämie zahlen müssten.

Sparten mit abweichenden Kündigungsregeln

In einigen Versicherungssparten gelten besondere Kündigungsregeln – beispielsweise in der Kfz-Versicherung. Hier beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Ende des Versicherungsjahres. Spezielle Kündigungsregeln gelten auch in der privaten Krankenvollversicherung. Informationen zu diesen Bestimmungen finden Sie im BdV-Infoblatt „Private Krankenversicherung (PKV)“.

Lebensversicherungsverträge sind ohne Einhaltung einer Frist zum Ende einer Versicherungsperiode kündbar. Wer die Jahresprämie in monatlichen Raten zahlt, kann den Vertrag meist sogar mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende kündigen.

Lebensversicherung: Alternativen zur Kündigung prüfen

Doch Vorsicht: Häufig ist es wirtschaftlich nicht sinnvoll, eine kapitalbildende Versicherung zu kündigen. Sie sollten daher vor einer Kündigung prüfen, ob und welche Alternativen es gibt. Besitzen Sie eine Kapitallebens- oder private Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht können Sie den kostenlosen Lebens- und Rentenversicherungsrechner des BdV nutzen, um zu ermitteln, ob und in welcher Form es sinnvoll ist, Ihren Vertrag weiterzuführen.

Einige Lebens- und Rentenversicherungen können Sie übrigens nicht kündigen – dazu gehören Renten- und Risikolebensversicherungen gegen Einmalbeitrag sowie Rürup-Rentenversicherungen.


Julia Alice Böhne, Pressereferentin beim Bund der Versicherten

Über mich

Ich bin Julia Alice Böhne und seit Februar 2018 als Pressereferentin beim Bund der Versicherten. Zuvor habe ich mehrere Jahre als Journalistin bei einem Fachmagazin für und über die Finanz- und Versicherungsbranche geschrieben. Der Aspekt des Verbraucherschutzes hat mich dabei besonders interessiert. Denn je mehr ich mich mit Versicherungen beschäftigt habe, desto deutlicher wurde, wie undurchsichtig die Branche und ihre Produkte für die meisten Menschen sind. Gleichzeitig empfinden viele das Thema als langweilig oder gar lästig, obwohl es teilweise um existenziellen Schutz geht. Ich möchte dazu beitragen, diese Intransparenz zu beseitigen und mehr Interesse an Versicherungsthemen zu erzeugen – unter anderem mit Beiträgen im BdV-Ratgeber.