05.02.2025

Umgestürzter Baum: Wann zahlt welche Versicherung?

Schäden durch umstürzende Bäume können schnell teuer werden, ganz gleich, ob sie am eigenen Haus, auf dem benachbarten Grundstück oder im Garten entstehen. Ob ein Baum fällt, weil er durch einen Sturm umgeweht wird, oder aufgrund von Schwäche und Mängeln, spielt bei der Frage, welche Versicherung für Schäden aufkommt, eine entscheidende Rolle. Ebenso wichtig ist, was in den Versicherungsbedingungen steht. In diesem Ratgeber erfahren Sie, welche Versicherungen in den jeweiligen Fällen Schutz bieten und was Sie beachten sollten, um im Schadenfall abgesichert zu sein.


Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Eigene Schäden: Die Wohngebäudeversicherung zahlt für Gebäudeschäden, die Hausratversicherung für beschädigtes Inventar – aber nur, wenn Sturm (ab Windstärke 8) versichert ist.

  • Nachbargrundstück: Die Wohngebäude-/Hausratversicherung der Nachbar*innen zahlt, es sei denn, der Baum war vorgeschädigt – dann greift die Haftpflichtversicherung der/s Baumeigentümer*in.

  • Baumbeseitigung: Kosten für Bergung und Entsorgung sind oft nur begrenzt in der Wohngebäudeversicherung enthalten – Leistungsumfang prüfen!

  • Verkehrssicherungspflicht: Baumeigentümer*innen müssen Bäume regelmäßig kontrollieren, sonst droht Haftung bei Schäden durch mangelnde Pflege.



Wer zahlt, wenn der Baum auf das eigene Grundstück fällt?

Fällt ein Baum von Ihrem Grundstück durch einen Sturm1 auf das eigene Haus oder Ihren Garten, sind zwei Versicherungen relevant:

  • Wohngebäudeversicherung: Diese Versicherung übernimmt in der Regel Schäden am Gebäude, die durch einen umgestürzten Baum verursacht werden, wenn der Sturm als Ursache nachweisbar ist. Achten Sie darauf, dass die Gefahr „Sturm“ explizit in Ihrem Vertrag mitversichert ist.

  • Hausratversicherung: Wenn der Baum auch Schäden am Inventar verursacht – zum Beispiel Möbel oder elektronische Geräte – greift die Hausratversicherung, vorausgesetzt, die Schäden sind durch den Sturm entstanden und Sturm ist eine versicherte Gefahr.

Tipp: Schauen Sie ins Kleingedruckte! Ob, unter welchen Bedingungen und in welcher Höhe Ihre Wohngebäude- oder Hausratversicherung bei einem Baumsturz durch Sturm für Schäden aufkommt, können Sie Ihrem Versicherungsschein entnehmen und in den Versicherungsbedingungen nachlesen.

Baumsturz: Wer zahlt Schäden auf dem Nachbargrundstück?

Wenn ein Baum im Sturm auf das Nachbargrundstück fällt und dort einen Schaden verursacht, etwa an einem Gebäude oder an einem Garten, wird der Schaden in erster Linie von der Wohngebäude- und/oder Hausratversicherung der Geschädigten abgedeckt. Dabei gelten folgende Regelungen:

  • Wohngebäude- oder Hausratversicherung der/s Nachbar*in: Wenn Ihr Baum das Gebäude oder den Hausrat Ihrer/s Nachbar*in beschädigt, prüft deren/dessen Versicherung, ob der Baum einen Vorschaden hatte, der für den Sturz aufgrund des Sturms ursächlich war. Sie wird dann von Ihnen als Baumeigentümer*in einen Nachweis darüber verlangen, dass Sie Ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen sind.

  • Ihre Haftpflichtversicherung: Als Baumeigentümer*in müssen Sie im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht Ihre Bäume regelmäßig kontrollieren und dafür sorgen, dass keine Gefahr von ihnen ausgeht. Dazu gehört, den Zustand des Baumes auf Fäulnis, Krankheiten oder eine mögliche Lockerung der Wurzeln zu überprüfen. War der Baum entsprechend vorgeschädigt und bereits vor dem Sturm gefährdet, müssen Sie als Baumeigentümer*in haften, wenn die Schäden erst durch Ihr Verhalten ermöglicht oder durch Ihr pflichtwidriges Unterlassen herbeigeführt wurden. Die Schadensersatzansprüche werden dann von Ihrer Privat- beziehungsweise Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht übernommen.

War der Baum hingegen ausreichend widerstandsfähig, um den normalen Einwirkungen der Naturkräfte standzuhalten, also gesund, spricht man von höherer Gewalt und die Ansprüche werden von Ihrer Haftpflichtversicherung abgelehnt. In diesem Fall muss die Wohngebäude- und/oder Hausratversicherung der Nachbar*innen, auf deren Haus- und Grundstück der Baum gelandet ist, für den Schaden selbst aufkommen.

Entsorgung nach Baumsturz: Welche Versicherung kommt für Baum-Bergung und Aufräumarbeiten auf?

Die Bergung und Entsorgung eines umgestürzten und/oder im Stamm geknickten Baumes ist häufig mit zusätzlichen Kosten verbunden. Diese werden in vielen, aber nicht allen Wohngebäudeversicherungsverträgen übernommen, vor allem wenn der Baum durch Blitzschlag oder Sturm umgefallen ist. Sind Bergungs- und Entsorgungskosten mitversichert, sind sie allerdings in den meisten Tarifen summenmäßig in der Höhe begrenzt.

Die Tarifwerke der Versicherer unterscheiden sich hinsichtlich der Leistungsvoraussetzungen, des Leistungsumfangs und der Leistungshöhe erheblich. Aufschluss über den Umfang Ihres Versicherungsschutzes kann Ihnen nur der Blick in Ihre Versicherungsunterlagen liefern.


Exkurs: So unterschiedlich sind die Versicherungsleistungen

Eine beispielhafte Auswertung von fünf Wohngebäudeversicherungstarifen zeigt die erheblichen Unterschiede für die Leistungsmerkmale „Beseitigung umgestürzter Bäume“ und „Wiederaufforstung“.

Bei vier der fünf Tarife ist die Beseitigung von Bäumen mitversichert – allerdings besteht nur bei einem Tarif Versicherungsschutz für Schäden durch alle versicherten Gefahren bis zur vereinbarten Versicherungssumme – ausgeschlossen sind Hecken und Sträucher. Der zweite Tarif beschränkt seine Leistung auf Schäden durch Blitzschlag, Brand und Sturm, schließt Sträucher, Hecken und abgeknickte Bäume, das Entfernen und die Entsorgung des Wurzelstocks sowie die Einebnung des Erdreichs aus und begrenzt die Leistungshöhe auf 7.500 Euro. Der dritte Tarif leistet bis zu einer Höhe von 5.000 Euro bei Schäden durch Brand, Blitzschlag, Sturm, Hagel und Elementargefahren, schließt aber eine Leistung bei Sträuchern und Hecken sowie der Einebnung des Erdreichs aus. Der vierte Tarif bietet Versicherungsschutz für Schäden durch Blitzschlag und Sturm, schließt das Entfernen und die Entsorgung des Wurzelstocks sowie die Einebnung des Erdreichs aus und zahlt bis zu 2.500 Euro.

Ähnliche Unterschiede zeigen sich beim Versicherungsschutz zur Wiederaufforstung von Bäumen. Lediglich zwei der fünf Tarife bieten hier überhaupt Leistungen. Einer zahlt für die Wiederaufforstung nach Schäden durch alle versicherte Gefahren bis zur vollen Höhe der vereinbarten Versicherungssumme. Der andere beschränkt den Schutz jedoch auf Schäden durch Blitzschlag, Brand, Sturm und Hagel und übernimmt die „Wiederaufforstung mit Jungpflanzen“ bis zu einer Leistungshöhe von 2.500 Euro.


Tipps für die Absicherung im Falle eines Baumsturzes

  • Verkehrssicherungspflicht ernst nehmen: Um als Baumeigentümer*in nicht für Schäden haften zu müssen, sollten Sie regelmäßig eine fachgerechte Baumpflege durchführen und den Zustand Ihrer Bäume überprüfen lassen. Achten Sie besonders auf Mängel wie Fäulnis, Wurzelfäule oder Verfall durch Krankheiten. Wenn Sie selbst den Zustand des Baumes und somit das Risiko des Umstürzens nicht einschätzen können, sollten Sie sich an Fachleute wenden, etwa Baumpfleger*innen. Informationen hierzu finden Sie beispielsweise in der FLL-Baumkontrollrichtlinie.

  • Verträge genau prüfen: Stellen Sie sicher, dass Ihre Wohngebäude- und Hausratversicherung Sturm als versicherte Gefahr abdecken und prüfen Sie, in welchem Umfang Schäden an/durch Bäume/n im Leistungsumfang Ihrer Wohngebäudeversicherung enthalten sind. Fragen Sie im Zweifel bei Ihrem Versicherer nach und lassen Sie sich den genauen Umfang der versicherten Leistungen schriftlich bestätigen. Verweist der Versicherer nur auf die Versicherungsbedingungen, wenden Sie sich an unser Beratungsteam. Wir prüfen für Sie das Kleingedruckte!

  • Versicherungsbedarf prüfen: Prüfen Sie, ob der Versicherungsschutz der Privathaftpflichtversicherung ausreicht oder ob Sie auch eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung benötigen. Unbebaute Grundstücke und vermietete Gebäude, die Sie nicht selbst bewohnen, müssen Sie beispielsweise gesondert versichern, da diese in den allermeisten Fällen nicht im Versicherungsumfang eines Privathaftpflichtversicherungstarifs enthalten sind.

Um gegen Sturmschäden durch umstürzende Bäume abgesichert zu sein, sollten Sie sicherstellen, dass Ihre Wohngebäudeversicherung eine in Umfang und Höhe ausreichende Deckung für die Beseitigung, Entsorgung und den Abtransport enthält. Falls gewünscht, sollten Sie auch darauf achten, dass das Entsorgen, das Entfernen sowie der Abtransport des Wurzelstockes in ausreichendem Umfang mitversichert ist.

Möchten Sie darüber hinaus auch noch Kosten für die Wiederaufforstung der Bäume abgedeckt haben, sollten Sie mit Ihrem Versicherer klären, ob und in welchem Umfang das möglich ist. Achten Sie darauf, dass „Sturm“ und „höhere Gewalt“ in Ihrem Vertrag enthalten sind, und vernachlässigen Sie nicht Ihre Verantwortung als Baumeigentümer*in, regelmäßig die Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen. So können Sie für die verschiedenen Eventualitäten rund um Bäume auf Ihrem Grundstück optimal vorbereitet sein.

Streitfall Baumsturz: Das Kleingedruckte zählt!

Immer wieder kommt es zum Streit zwischen Versicherten und ihren Wohngebäudeversicherern, wenn es um die Kosten für die Entfernung umgestürzter Bäume geht. Ein Urteil des Landgericht Oldenburg (Az. 13 O 671/24) zeigt, dass Versicherer nicht immer automatisch zahlen müssen. Vielmehr kommt es auf die jeweiligen Umstände und die im Versicherungsvertrag vereinbarten Leistungen an.

Im konkreten Fall wurde ein Baum auf dem Grundstück des Versicherungsnehmers durch einen Sturm stark beschädigt und musste auf Empfehlung eines Baumsachverständigen entfernt werden. Der Versicherer lehnte die Kostenübernahme ab - mit der Begründung, dass die Versicherungsbedingungen zwar Kosten für durch Sturm umgestürzte Bäume, nicht aber für abgebrochene Baumteile abdecken. Der Versicherungsnehmer klagte daraufhin.

Das Gericht bestätigte die Ansicht des Versicherers, da ein Baum nur dann als umgestürzt gelte, wenn er „ganz oder teilweise entwurzelt und seitlich zu Boden gegangen“ sei. Im vorliegenden Fall war der Baum weder entwurzelt noch zur Seite gefallen – wesentliche Teile des Stammes und der Krone waren stehen geblieben. Zudem könne der Versicherungsnehmer die Entfernungskosten auch nicht als Rettungskosten2 geltend machen, da eine sofortige Fällung gutachterlich nicht als erforderlich erachtet worden sei und ein Versicherungsfall nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit unmittelbar bevorstand. Die Klage wurde abgewiesen und der Kläger hatte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Blick in die eigenen Versicherungsbedingungen ist also essenziell.


1 Üblicherweise setzt das eine „wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 nach der Beaufortskala – Windgeschwindigkeit mindestens 62 km pro Stunde“ voraus.

Rettungskosten sind Aufwendungen des Versicherungsnehmers zur Abwendung eines unmittelbar bevorstehenden Schadenfalls oder zur Minderung eines bereits eingetretenen Schadens und werden vom Versicherer auch dann erstattet, wenn der Einsatz erfolglos war.


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Julia Alice Böhne, Pressereferentin beim Bund der Versicherten

Über mich

Ich bin Julia Alice Böhne und seit Februar 2018 als Pressereferentin beim Bund der Versicherten. Zuvor habe ich mehrere Jahre als Journalistin bei einem Fachmagazin für und über die Finanz- und Versicherungsbranche geschrieben. Der Aspekt des Verbraucherschutzes hat mich dabei besonders interessiert. Denn je mehr ich mich mit Versicherungen beschäftigt habe, desto deutlicher wurde, wie undurchsichtig die Branche und ihre Produkte für die meisten Menschen sind. Gleichzeitig empfinden viele das Thema als langweilig oder gar lästig, obwohl es teilweise um existenziellen Schutz geht. Ich möchte dazu beitragen, diese Intransparenz zu beseitigen und mehr Interesse an Versicherungsthemen zu erzeugen – unter anderem mit Beiträgen im BdV-Ratgeber.