Undichte Silikonfuge: Wer zahlt für den Wasserschaden?
Silikonfugen in Duschen können unauffällig Schäden verursachen, wenn sie undicht sind und Wasser in die Bausubstanz eindringt. Bis Ende 2021 haben viele Wohngebäudeversicherungen Wasserschäden durch undichte Silikonfugen gedeckt, doch das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20.10.2021 änderte diese Praxis.
Das Wichtigste auf einen Blick:
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Das BGH entschied im Urteil von 2021, dass sind Wohngebäudeversicherer nicht für Nässeschäden zahlen müssen, wenn das Leitungswasser infolge undichter Silikonfugen ausgetreten ist. Sie müssen demnach nur leisten, wenn das Wasser direkt aus dem Rohrleitungssystem austritt.
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Versicherte sollten dennoch ihre Versicherungsbedingungen prüfen, da manche Altverträge oder Anbieter weiterhin Schutz für solche Schäden bieten könnten.
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Es ist ratsam, regelmäßig die Dichtigkeit von Silikonfugen zu kontrollieren und Wartungen zu dokumentieren, um im Schadensfall glaubhaft nachweisen zu können, dass Instandhaltungsobliegenheiten erfüllt wurden.
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Mieter*innen sollten Mängel an Silikonfugen umgehend dem Vermieter melden.
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Der BdV sieht in der Gruppen-Wohngebäudeversicherung weiterhin vor, dass Nässeschäden durch undichte Bodenfugen der Dusche oder undichte Duschablaufrinnen mitversichert bleiben.
Sie wirkt so harmlos und kann doch immense Kosten verursachen: die Silikonfuge. Denn bei porösen und undichten Stellen besteht die Gefahr, dass Wasser in die Wände, den Boden oder andere Bereiche gelangt. Schimmelbildung, Rost an Metallteilen oder aber Wasserschäden sind die Folge.
Kommt es tatsächlich zu einem Wasserschaden, so konnten sich Betroffene bis Ende 2021 in vielen Fällen auf das Entgegenkommen ihrer Wohngebäudeversicherung verlassen. Obwohl umstritten war, ob Wasserschäden durch undichte Silikonfugen vom Gebäudeversicherer zu regulieren sind, zeigten sich die Versicherer recht großzügig. So schien „auch bei Prozessvertretern der Versicherungen wohl noch (…) die Ansicht vorherrschend gewesen zu sein, dass jedenfalls bei typischen Duschanlagen mit Duschwanne und Duschabtrennung auch dann ein versicherter Leitungswasserschaden gegeben ist, wenn das Duschwasser“ aufgrund einer undichten Fuge in die Bausubstanz eindringt“, schreibt Rechtsanwalt Florian Martin Genz in seinem Aufsatz „Die Kunst der Fuge“ zum BGH-Fugen-Urteil, der in der Zeitschrift r+s recht und schaden erschien (2022, 49. Jahrgang, S. 66). Doch das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20.10.2021 (Aktenzeichen IV ZR 236/20) veränderte die Rechtslage maßgeblich.
BGH-Urteil zwingt Versicherter zu erhöhter Achtsamkeit
In dem Rechtsstreit verlangte ein Kläger aufgrund eines Wasserschadens Leistungen aus seiner Wohngebäudeversicherung. Verursacht wurde der Wasserschaden durch eine undichte Silikonfuge im Duschbereich. Der BGH entschied, dass Gebäudeversicherer nicht für Nässeschäden zahlen müssen, wenn das Leitungswasser infolge undichter Silikonfugen ausgetreten ist. Sie müssen demnach nur leisten, wenn das Wasser direkt aus dem Rohrleitungssystem austritt. Da eine undichte Silikonfuge nicht mit dem Rohrsystem des Gebäudes verbunden ist, muss auch die Leitungswasserversicherung innerhalb der Gebäudeversicherung nicht für den Folgeschaden aufkommen (ausführlichere Infos zum Urteil finden Sie in der Box).
Trotz Urteil: Stets eigenen Vertrag auf individuelle Klauseln prüfen
Obwohl Wohngebäudeversicherer nach Einschätzung des BGH nicht verpflichtet sind, für Schäden aufgrund undichter Silikonfugen zu zahlen, sollten Versicherungsnehmer*innen dennoch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) ihres Wohngebäudeversicherungsvertrags genauestens prüfen. Und zwar daraufhin, ob in dem Vertrag dieselbe oder aber eine andere vom BGH-Urteil abweichende Klausel vereinbart wurde. Dies ist insbesondere bei Alt-Verträgen der Fall. Handelt es sich tatsächlich um eine abweichende Klausel, muss die Rechtslage gegebenenfalls anders bewertet werden.Zudem lohnt es sich, eigeninitiativ beim Versicherer nachzuhaken, ob Schäden weiter reguliert werden. „Versicherte sollten auf ihren Wohngebäudeversicherer zugehen und in Textform fragen, wie er mit der neuen Rechtsprechung umgeht: Leistet dieser weiterhin bei undichten Silikonfugen oder nicht? Die Antwort können Versicherte dann als Beleg aufbewahren. Manche Versicherer sehen tariflich auch Leistungen hierfür vor oder gehen von allein auf ihre Versicherten zu, beispielsweise mit dem Angebot, 40 Euro extra im Jahr für den Einschluss undichter Silikonfugen zu zahlen“, sagt BdV-BeraterChristian Drewes.
Exkurs: Das BGH-Urteil unter der Lupe
In seinem Urteil vom 20.10.2021 hält der BGH fest, dass der Versicherer gemäß den Versicherungsbedingungen zwar unter anderem für Schäden durch bestimmungswidrig ausgetretenes Leitungswasser aufkommen muss. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an, so die Ansicht des BGH. Im Fugen-Fall kommt der BGH zu dieser Beurteilung:
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Es lag kein Bruchschaden vor, weil das ausgetretene Wasser nicht aus den Rohren der Wasserversorgung oder den damit verbundenen Schläuchen kam.
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Die undichte Fuge war nicht mit dem Rohrsystem verbunden, daher kann sie nicht als "sonstige Einrichtung" betrachtet werden. Mit "sonstige Einrichtungen" sind verschiedene Bestandteile einer Dusche wie unter anderem das Waschbecken, Spülklosetts oder Armaturen gemeint, die mit dem Rohrsystem verbunden sein müssen, und Wasser führen können. Die undichte Silikonfuge im Duschbereich eines Versicherungsnehmers ist nicht als "sonstige Einrichtung" im Sinne der Versicherungsbedingungen anzusehen. Somit war auch der Schaden an der Fuge nicht als versicherter Schaden anzusehen, da sie keine direkte Verbindung zum Rohrsystem hatte.
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Außerdem gibt es verschiedene Arten von Duschen, die nicht alle als „mit dem Rohrsystem verbundene Einrichtungen“ angesehen werden können. Dazu gehören beispielsweise niveaugleiche, barrierefreie, gegebenenfalls seitlich offene Duschen ohne Duschwanne oder Duschen in Schwimmbädern und Sporteinrichtungen. Letztere könnten den gesamten Raum umfassen, seien demnach kaum abgrenzbar und können deswegen nicht als „mit dem Rohrsystem verbundene Einrichtungen“ verstanden werden.
Instandhaltungsobliegenheit ernst nehmen!
Achtung: Selbst, wenn Wohngebäudeversicherer den Einschluss weiter anbieten, sind Versicherte verpflichtet, ihrer Wartungspflicht nachzukommen. Genauer ist hier die Rede von der sogenannten Instandhaltungsobliegenheit. „Wir empfehlen Eigentümerinnen und Eigentümern, ihren Wartungspflichten alle zwei bis drei Jahren nachzukommen und die Dichtigkeit der Silikonfugen zu prüfen“, sagt Drewes. „Um im Schadenfall gegenüber dem Versicherer nachweisen zu können, dass man ordnungsgemäß kontrolliert und gegebenenfalls ausgebessert hat, kann eine kleine Dokumentation helfen. Zum Beispiel mit Fotos inklusive einer kurzen Notiz und Datumsaufstellung. Sicherheit bietet die Dokumentation allerdings nicht, schafft aber in jedem Fall ein höheres Maß an Glaubwürdigkeit. Ausschlaggebend wird letztlich das Urteil eines Sachverständigen sein.“
Sofern Sie weitergehende Fragen haben, hilft Ihnen unser Beratungsteam gerne weiter. Für unsere Mitglieder ist die Beratung umsonst – mehr zur BdV-Mitgliedschaft erfahren Sie hier.
Die Tücken der Fuge
Zusätzlich zur regelmäßigen Kontrolle der Fugen lohnt es sich zudem, auf unangenehme Gerüche, Abplatzungen an den Fliesen und Verfärbungen zu achten. Denn ein Schaden kann sich unbemerkt und schleichend entwickeln. Ein Beispiel: Die Duschwanne kann sich beim Betreten durch die Gewichtsverlagerung nach unten absenken. Beim Herabsenken kann sich in der Fuge einen Spalt öffnen, der sich wieder schließt, sobald man aus der Dusche heraustritt. Das Wasser läuft so unbemerkt unter die Duschwanne ab. Auf diese Weise bildet sich nicht unmittelbar sichtbarer Schimmel. Vielmehr wird aufgrund des Schimmels und der Feuchtigkeit nach einiger Zeit ein muffiger Geruch entstehen. „Spätestens dann sollten die Alarmglocken läuten und Fachleute konsultiert werden. Denn bleibt das ausgelaufene Wasser über längere Zeit unentdeckt, kann dies zu strukturellen Schäden an den Wänden oder dem Boden führen“, warnt Drewes.
Tipp fürs Mietverhältnis: Bei Mietwohnungen sollten Mieter*innen laut Rechtsanwalt Florian Martin Genz unbedingt beachten, dass sie einen erkennbaren Mangel an der Silikonfuge unverzüglich bei dem oder der Vermieter/in anzeigen müssen. Andernfalls könnte es sein, dass sie gegebenenfalls für den Folgeschaden haften müssen.
Gruppen-Wohngebäudeversicherung: Nässeschäden weiter mitversichert
Der Bund der Versicherten e. V. einen exklusiven Wohngebäudeversicherungsschutz an – und zwar als Mitgliedervertrag (was dahintersteckt, erfahren Sie hier). Im Hinblick auf das oben ausgeführte BGH-Urteil schlägt die BMS den verbraucherfreundlichen Kurs ein und sieht in den „Besonderen Versicherungsbedingungen“ ihrer Gruppen-Wohngebäudeversicherung vor, dass Nässeschäden durch undichte Bodenfugen der Dusche oder undichte Duschablaufrinnen mitversichert bleiben. Silikonfugen von Duschtassen und Badewannen sind diesem gleichgestellt. Weitere Vorteile der Gruppen-Wohngebäudeversicherung finden Sie hier.
BdV hilft!
Als Mitglied des BdV beraten wir Sie nicht nur zu Ihrem individuellen Versicherungsbedarf und Ihren bestehenden Verträgen, sondern auch bei Problemen im Schadenfall. Im Rahmen der Rechtsberatung helfen wir unseren Mitgliedern zudem bei Streitfällen mit Versicherungen und/oder Versicherungsvermittlern.
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