07.11.2024

Wildunfall: Was zahlt die Versicherung?

Das Risiko für einen Wildunfall ist besonders hoch im Frühjahr in den Monaten April und Mai sowie am Jahresende von Oktober bis Dezember. Kritische Tageszeiten sind die Dämmerung am Morgen und am Abend, da die Tiere dann auf Nahrungssuche gehen. Auch wenn Autofahrer*innen noch so vorsichtig fahren, kann es dann aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse zu einem Wildunfall kommen. Doch welche Kfz-Versicherung zahlt im Schadensfall und worauf müssen Verbraucher*innen achten?


Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Kfz-Haftpflichtversicherung: Zahlt für Schäden bei Dritten (z.B. andere Autos, Schilder), die durch einen Wildunfall verursacht wurden.

  • Teilkaskoversicherung: Deckt Schäden am eigenen Fahrzeug bei Zusammenstößen mit Haarwild (z.B. Rehe, Wildschweine). Folgeschäden, wie das Abrutschen in einen Graben, sind meist ebenfalls versichert.

  • Erweiterte Wildschadenklausel: Versichert Unfälle mit allen Tierarten, auch Haustieren oder Nutztieren. Ohne diese Klausel deckt nur die Vollkaskoversicherung solche Unfälle.

  • Ausweichunfälle: Schäden am eigenen Fahrzeug werden oft nur bei Ausweichmanövern wegen größeren Tieren (z.B. Wildschweinen) von der Teilkasko übernommen. Bei kleinen Tieren ist die Zahlung nicht garantiert.

  • Versicherungsbedingungen prüfen: Kollisionen mit Haarwild sind standardmäßig versichert, andere Tiere oft nicht. Ein Vergleich der Bedingungen und die Wahl des passenden Versicherungsschutzes sind entscheidend.



Wildunfall: Was zahlt die Kfz-Haftpflichtversicherung?

Entstehen bei einem Wildunfall durch den Unfallwagen Schäden bei anderen Personen oder Gegenständen, ist das ein Fall Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Sie zahlt die Kosten entsprechend den vereinbarten Deckungssummen für Personen-, Sach- und Vermögensschäden – auch wenn bei dem Wildunfall neben anderen Fahrzeugen zum Beispiel Schilder oder Leitplanken zu Schaden kommen.

Schäden am eigenen Fahrzeug zahlt die Kfz-Haftpflichtversicherung nicht. Für solche Schäden ist die Kaskoversicherung zuständig. Hier gilt es allerdings, einiges zu beachten, damit diese nach einem Wildunfall wirklich zahlt.

Kaskoversicherung: Was ist abgedeckt?

Viele Kaskoversicherte meinen, sie seien bei einem Wildunfall abgesichert, doch das ist nicht immer der Fall. Die Teilkaskoversicherung deckt nicht jeden Wildunfall automatisch ab. Ob die Schäden von der Versicherung gezahlt werden, hängt zunächst von der Art des Unfalltieres ab.

Ein Wildunfall ist in der Regel durch die Teilkaskoversicherung gedeckt, wenn es sich um eine Kollision mit sogenanntem Haarwild handelt. Zum Haarwild zählen beispielsweise Hirsche, Rehe oder Wildschweine – auch Feldhasen, Wildkaninchen und Füchse gelten demnach als Haarwild. In Paragraf 2 des Bundesjagdgesetzes finden Sie eine Übersicht der Tierarten.

Die Versicherung zahlt auch bei einem Wildunfall mit Haarwild, wenn das Fahrzeug mit einem Tierkadaver zusammengestoßen ist. Falls der Zusammenstoß mit dem Haarwild die Unfallursache ist, deckt die Versicherung nicht nur den Schaden am Fahrzeug, sondern auch die Folgeschäden, die durch den Wildunfall entstehen, etwa wenn das Auto in den Graben rutscht.

Erweiterte Wildschadenklausel: Was ist versichert?

Nicht jeder Unfall mit Tieren ist also automatisch über den Wildschutz der Teilkaskoversicherung gedeckt. Zusammenstöße mit Haustieren wie Hunden oder Katzen, Nutztieren wie Pferden sowie Vögeln, Waschbären oder Wölfen sind oft vom Versicherungsschutz ausgenommen.

Wer auch einen Unfall mit Tieren aller Art absichern will, sollte einen Tarif mit der erweiterten Wildschadenklausel wählen. Enthält der Vertrag nicht diese Klausel, bleibt nur noch die Vollkaskoversicherung, um den Schaden zu regulieren. Das wiederum könnte zu einer Rückstufung des Schadenfreiheitsrabattes führen.

Ausweichunfall: Wann zahlt die Versicherung?

Welche Versicherung zahlt entstandene Schäden, wenn man den Wildunfall vermeiden wollte und dem Tier ausgewichen ist? Die Kfz-Haftpflichtversicherung übernimmt in diesem Fall beispielsweise die Kosten für Beschädigungen an Leitplanken und anderen Fahrzeugen.

Für den Schaden am eigenen Auto ist indes die Kaskoversicherung zuständig. Gab es keinen direkten Zusammenstoß, zahlt die Teilkaskoversicherung meist nur dann, wenn man größerem Haarwild ausgewichen ist – etwa einem Wildschwein. Ein Ausweichmanöver wird von Gerichten häufig als notwendig eingestuft, um Personen- oder größere Sachschäden zu vermeiden. Ein Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken (Az. 5 U 422/09-22) bestätigt, dass der Versicherer in einem solchen Fall die Schäden übernimmt. Ist indes die Größe des Tieres nicht mehr feststellbar, übernimmt die Versicherung oft nur die Hälfte der Kosten.

Weicht man kleineren Tieren wie Füchsen oder Hasen aus, um einen Wildunfall zu vermeiden und verursacht so einen Schaden, ist die Lage anders. Versicherer bewerten das Risiko des Totalschadens durch das Ausweichmanöver als unverhältnismäßig. Begründung: Das Überfahren des kleinen Tieres hätte wahrscheinlich keinen nennenswerten Fahrzeugschaden verursacht. Häufig verweigern Versicherer in solchen Fällen daher die Zahlung. Die Rechtslage ist jedoch nicht eindeutig, wie ein Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt (Az. XII ZR 197/05). Das Gericht beurteilte das reflexartige Ausweichmanöver wegen eines Fuchses nicht als grob fahrlässig, sodass die Versicherung zahlen musste.

Versicherungsschutz bei Wildunfall: Bedingungen im Blick behalten

Um nach einem Wildunfall auf der sicheren Seite zu sein, lohnt sich ein genauer Blick in die Versicherungsbedingungen. Die Teilkaskoversicherung bietet in der Regel Schutz bei Kollisionen mit Haarwild. Um jedoch auch bei Kollisionen mit anderen Tieren abgesichert zu sein, empfiehlt sich eine erweiterte Wildschadenklausel.

Zudem ist es wichtig zu wissen, dass die Tiergröße bei Ausweichmanövern entscheidend für die Schadenregulierung ist. Ein sorgfältiger Vergleich und die Wahl des richtigen Versicherungsschutzes können hier im Ernstfall viel Ärger ersparen.

Welche Leistungen eine gute Kfz-Versicherung ausmachen, können Sie im BdV-Infoblatt Kfz-Versicherung nachlesen.


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Julia Alice Böhne, Pressereferentin beim Bund der Versicherten

Über mich

Ich bin Julia Alice Böhne und seit Februar 2018 als Pressereferentin beim Bund der Versicherten. Zuvor habe ich mehrere Jahre als Journalistin bei einem Fachmagazin für und über die Finanz- und Versicherungsbranche geschrieben. Der Aspekt des Verbraucherschutzes hat mich dabei besonders interessiert. Denn je mehr ich mich mit Versicherungen beschäftigt habe, desto deutlicher wurde, wie undurchsichtig die Branche und ihre Produkte für die meisten Menschen sind. Gleichzeitig empfinden viele das Thema als langweilig oder gar lästig, obwohl es teilweise um existenziellen Schutz geht. Ich möchte dazu beitragen, diese Intransparenz zu beseitigen und mehr Interesse an Versicherungsthemen zu erzeugen – unter anderem mit Beiträgen im BdV-Ratgeber.