29.11.2021

BU-Optionen in der Grundfähigkeits-Versicherung - klingt erstmal cool, aber...

Jede Versicherung ist zunächst mal ein Versprechen. Ich zahle Geld und dafür verspricht der Versicherer, dass er mir hilft, wenn was passiert. Die Frage ist dann nur noch, was überhaupt passieren muss. Die Antwort: Das, was in den Bedingungen steht.

Nun liest nicht jeder gern Bedingungen und selbst ich, der ich es besser wissen müsste, drücke bei eigentlich jeder App auf „Alles bestätigen“, weil es mir zu doof ist, irgendwelche Standard-Geschäftsbedingungen zu lesen.

Und so passiert es immer wieder, dass sich unsere Vorstellung von dem, was wir gekauft haben, nicht 100% mit dem deckt, was dann wirklich drin ist.

Ganz stark ist mir das wieder aufgefallen, als ich in der Grundfähigkeits-Versicherung alle BU-Optionen miteinander verglichen habe. So eine Option ist ziemlich cool, weil sie mir verspricht, dass ich später, wenn die GF-Versicherung nicht mehr zu mir passt, die Versicherung in eine Berufsunfähigkeits-Versicherung umwandeln kann. Aber eine Verwandlung klappt selbst in Hogwarts nicht immer reibungslos, weshalb es sich lohnt, mal zu prüfen, unter welchen Umständen ich zu welchen Bedingungen wechseln kann. Und diese Bedingungen haben sich die Versicherungsgesellschaften eher schlecht als recht ausgedacht.

Vorab: Als Versicherungsmakler hab ich grundsätzlich nichts dagegen, Versicherer schlecht darzustellen und das wird hier insgesamt auch nicht sehr schmeichelhaft, aber ich möchte mal kurz erklären, warum solche Optionen grundsätzlich kein Wunschkonzert sind.

Optionen sind kein Wunschkonzert

Das liegt, wie so oft, am Kollektiv, das vor den schlechten Risiken geschützt werden muss. Denn Optionen ziehen in der Regel eher die Kunden, die sich schon vorstellen können, dass mal ein Leistungsfall eintritt. Da wurde vielleicht schon eine Krankheit diagnostiziert oder wegen eines Unfalls gibt es schon leichte Einschränkungen.

Bei der GF-Versicherung ist es zusätzlich so, dass die Gesundheitsfragen leichter zu beantworten sind, als die in der BU-Versicherung. Das liegt daran, dass die Auslöser in der Grundfähigkeits-Versicherung fest definiert sind und in der BUV mit den konkret ausgeübten Tätigkeiten zusammenhängen. Jetzt könnte ich, wenn ich schon mal eine Gesprächstherapie hatte, eine GF-Versicherung ohne einen Ausschluss für psychische Erkrankungen abschließen und einen Monat später die BU-Option ziehen.

Das wäre irgendwie nicht im Sinn der Sache. Deshalb eben die Einschränkungen.

Und da gibt es ein paar.

Ein paar Einschränkungen

Zunächst mal haben alle eine Wartezeit von 5 Jahren. Wer betrügen will, ist nicht unbedingt geduldig. So der Gedanke dahinter. Das ist in meinen Augen schon ok, wenngleich ich 3 Jahre besser fände. Warum? Nun ja … Das liegt daran, dass ich die Option nur ziehen kann, wenn ich nach einer Ausbildung oder einem Studium erstmalig eine Arbeit beginne. Wenn ich mit 15 eine GFV abschließe und mit 19 die Ausbildung beende, dann hab ich Pech gehabt.

Wenn die 5 Jahre aber so wichtig sind, dann wäre es super, wenn es mehrere Ereignisse gäbe, die es mir erlauben, die Option zu ziehen. Hochzeit oder Geburt eines Kindes, z.B..

Was besonders ärgerlich ist, wenn ich die Option nur dann ziehen kann, wenn ich einen unbefristeten oder mindestens auf 24 Monate befristeten Arbeitsvertrag erhalte. Das muss ja nicht unbedingt der Fall sein, oder?

Auch doof ist, dass die Meldefrist bei den meisten nur 6 Monate beträgt. Wenn mir also nicht einfällt, dass ich ja ne Option habe in dem Vertrag, den ich vor über 5 Jahren abgeschlossen habe, dann hab ich wieder Pech.

Hinzu kommt noch, dass ich meist nicht älter als 30 sein darf, um die Option zu ziehen. Das ist nicht weiter schlimm. Denn wenn ich die Option eh nur ziehen kann, wenn ich zum ersten Mal eine feste Arbeit habe, dann ist das eh meistens vor dem 30. Lebensjahr, oder?

Die Höhe der Rente ist übrigens auch meistens begrenzt auf 1.000 Euro oder 1.500 Euro.

Und zu guter Letzt muss ich noch bestätigen, dass ich noch nie berufsunfähig, erwerbsunfähig oder pflegebedürftig war oder bereits eine Grundfähigkeit verloren habe.

Wenn ich also von einer BU-Option in der Grundfähigkeits-Versicherung profitieren will, dann muss ich

  • den GF-Vertrag möglichst früh abschließen, damit die 5-Jahres-Frist schon vorbei ist
  • ein möglichst unbefristetes Arbeitsverhältnis beginnen
  • noch keine 30 Jahre alt sein
  • und innerhalb von 6 Monaten daran denken, dass ich die Option im Vertrag habe.

Ich denke mal, dass es sehr, sehr oft daran scheitert, dass ich nicht mehr weiß, dass ich eine solche Option habe.

Es gibt übrigens auch Versicherer, die mich, wenn ich die Option ziehe, nach den Vorerkrankungen der letzten 12 Monate fragen und diese dann die nächsten 3 Jahre ausschließen. Das ist einerseits ein guter Weg, um die Wartezeit von 5 Jahren verkürzen zu können, aber andererseits ist es halt auch immer ein kaum kalkulierbares Risiko für die ersten 3 Jahre.

2 Dinge

Am Wichtigsten sind für mich 2 Dinge:

  1. Ich muss es irgendwie auf die Reihe bekommen, dass ich an die BU-Option denke, sobald ich meinen ersten Job habe.
  2. Niemand kann mich zwingen, die Option zu ziehen!

Denn es ist nicht unbedingt gesagt, dass die BU-Versicherung, die dieser Versicherer anbietet, in dieser Höhe überhaupt zu mir passt. Wenn ich also nicht aufgrund psychischer Vorerkrankungen keine Chance habe auf eine sinnvolle BUV, dann sollte ich unbedingt erstmal versuchen, auf herkömmlichen Weg eine Absicherung in passender Höhe und Laufzeit zu finden.
Die Option ist halt so oder so für die, die keine andere Möglichkeit haben, weshalb ich eher damit rechnen würde, dass dieses Kollektiv auch mal im Beitrag steigen könnte. Und das würde ich nur riskieren, wenn es aus gesundheitlichen Gründen nicht anders möglich ist.


Über mich

Grüß dich, ich heiße Philip Wenzel und bin Chefredakteur auf WORKSURANCE, einem Infoportal zur Arbeitskraftabsicherung. Außerdem bin ich noch selbst als Versicherungsmakler angestellt bei der BSC GmbH und einer der Geschäftsführer der Biometrie Expertenservice GmbH, wo wir mit Versicherern Produkte oder Tarife entwickeln. Die meisten kennen mich aber von meinen zahlreichen Veröffentlichungen in der Fachpresse. Ich bin zwar Fachwirt für Versicherungen und Finanzen (IHK), aber habe ursprünglich Deutsch und Geschichte auf Lehramt studiert und auch als Lehrer gearbeitet. Und dieser teils wissenschaftliche, teils pädagogische Ansatz prägt bis heute meine Beratung und meine ganze Arbeit in der Branche. Ich versuche selbst aus den Brettern vor den Köpfen noch Brücken zu bauen. Denn nur wenn mein Kunde alle hilfreichen Informationen hat, kann er für sich eine sinnvolle Entscheidung treffen. Und nur wenn ein Tarif den einzelnen Kunden genauso im Blick hat wie das Kollektiv, ist es ein guter Tarif. Deswegen sage ich auch als Experte für Kleingedrucktes, dass die Bedingungen erst dann wichtig sind, wenn der Kunde seine persönliche Lösung gefunden hat. Wenn du jetzt mehr Fragen hast als vorher oder schon jetzt weißt, dass du anderer Meinung bist, dann ist das schon ok. Du darfst mir aber auch schreiben und wir können uns darüber unterhalten! Ich freu mich darauf! info@worksurance.de