Gut oder Geldfalle? Auf diese Versicherungen können Verbraucher*innen getrost verzichten
Bund der Versicherten e. V. (BdV) erläutert, worauf es beim Versicherungsschutz wirklich ankommt
475,5 Millionen Versicherungsverträge verzeichnet der Verband der Versicherer GDV für 2023. Damit hat jeder Haushalt in Deutschland im Schnitt 11,5 Versicherungen. Doch ob die Personen im Haushalt damit auch gut versichert sind, darüber gibt die Zahl der Versicherungsverträge keine Auskunft. Viele dieser Versicherungsprodukte erscheinen auf den ersten Blick nützlich, erweisen sich jedoch bei näherer Betrachtung als wenig sinnvoll.
„Der Einfallsreichtum der Versicherer ist groß, wenn es darum geht, neue Produkte auf den Markt zu bringen. Längst nicht alle wurden zum Nutzen der Verbraucherinnen und Verbraucher entwickelt“, sagt BdV-Vorständin Bianca Boss. Denn vorrangig sollten Verbraucher*innen Versicherungen abschließen, die existenzielle Risiken abdecken – etwa Haftungsrisiken, den Verlust der Arbeitskraft, die Absicherung der Familie und des Wohneigentums.
Der Verlust eines Handys oder eines Gepäckstückes jedoch ist zwar ärgerlich, führt aber nicht in eine wirtschaftliche Schieflage, die den Lebensstandard gefährdet. Oft ist die Prämie gegenüber den versicherten Leistungen unverhältnismäßig hoch, es gibt Leistungsausschlüsse, entschädigt wird nur zum Zeitwert oder der Versicherungsschutz ist bereits in einer anderen Versicherung enthalten.
Eine reine Brillenversicherung deckt nicht alle Kosten ab. Beispielsweise wird eine neue Brille nur dann übernommen, wenn die aktuelle Brille mindestens zwei Jahre alt ist oder sich die Sehstärke um mindestens +/- 0,5 Dioptrien geändert hat. Oder sie erstattet nur in begrenzter Höhe, z. B. nur bis 300,- Euro. Wer eine spezielle Fassung oder hochwertige Gläser wünscht, muss höhere Zuzahlungen leisten.
Eine spezielle Sportgeräteversicherung ist überflüssig, wenn der Verlust bereits durch die Hausratversicherung auch im Rahmen der Außenversicherung gegen Schäden durch Brand, Einbruchdiebstahl, Sturm, Hagel oder Leitungswasser abgedeckt ist.
Auch Elektronikversicherungen, die gerne beim Kauf eines Smartphones & Co. an der Kasse mitverkauft werden, scheinen nur smart – denn entschädigt wird nur der Zeitwert des Handys. Obendrein muss man eine Selbstbeteiligung zahlen. Zudem lassen sich meist nur Neugeräte innerhalb von drei Monaten ab Kaufdatum versichern. Auch bei Haushaltsgeräteversicherungen und Garantieverlängerungen für Elektrogeräte werden bei Totalschaden oder Diebstahl oft nur gleichwertige Ersatzgeräte oder der Zeitwert des alten Geräts erstattet. Diese Versicherungen sind häufig teuer und leisten nicht oder nur eingeschränkt bei Verschleiß oder Diebstahl.
Die Finger sollten Verbraucher*innen auch von kapitalbildenden Lebensversicherungen lassen. Sie sind weder zur Altersvorsorge noch zum Vermögensaufbau geeignet. Niedrigzinsen, intransparente (und oftmals überteuerte) Kostenstrukturen sowie – bei Rentenversicherungen – überzogene Langlebigkeitsannahmen haben zur Folge, dass die versicherten (garantierten) Leistungen nicht einmal der Summe der eingezahlten Prämien entsprechen. Teuer, unrentabel und unflexibel sind auch Ausbildungsversicherungen. Wer für Kinder oder Enkelkinder Geld anlegen möchte, damit diese es zum Ausbildungs- oder Studienbeginn zur Verfügung haben, sollte es selbst anlegen – z. B. in einem ETF-Sparplan.
Viele weitere überflüssige Versicherungen hat der BdV im Infoblatt „Versicherungen, die Sie nicht brauchen“ zusammengestellt.
Verbraucher*innen können mit dem BedarfsCheck auf der Website des BdV herausfinden, welche Versicherungen sie wirklich benötigen.
Der BdV zeichnet seit 2016 fragwürdige Versicherungsprodukte mit dem Versicherungskäse des Jahres aus. In diesem Jahr erhielt die Nachhilfe-Versicherung „Plus“ der Astra Versicherung AG den Negativpreis. Die nächste Preisverleihung findet am 28.6.2025 statt. Dann wird der Preis zum zehnten Mal verliehen. Verbraucher*innen können schon jetzt Vorschläge für ein schlechtes Versicherungsprodukt einreichen unter kaese@bundderversicherten.de.