Referentenentwurf zum Altersvorsorgereformgesetz: BdV sieht dringende Nachbesserungsbedarfe
Der Bund der Versicherten e. V. (BdV) hat sich in einer Stellungnahme mit Details des Altersvorsorgereformgesetzes auseinandergesetzt.
Die Forderungen des BdV auf einen Blick:
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Förderfähigen Höchstbetrag erhöhen (statt 1.800 Euro) – die steuerliche Abzugsfähigkeit sollte auf 4 % der Beitragsbemessungsgrenze Rentenversicherung (allgemein) erhöht werden – perspektivisch auf 8 %.
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Transparente Produktinformationen beibehalten, PIA-Methode bevorzugen statt EU-PRIIPs.
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Klare Offenlegung der Kosten in der Auszahlungsphase.
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Regelung, wie Leistungen aus geförderten Verträgen bei der Grundsicherung angerechnet werden.
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Anbieterunabhängige Vergleichsmöglichkeiten einführen (digitale Vergleichsplattform).
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Verhindern, dass Verträge die Förderfähigkeit verlieren können, wenn sich die OGAW-Risikoklasse ändert.
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Verbesserungen zeitnah umsetzen, um Verbrauchergruppen zu erreichen.
Die steuerlich geförderte private Altersvorsorge, die sogenannte Riester-Rente, soll endlich reformiert werden. Dazu hat das Bundesfinanzministerium unter Lars Klingbeil (SPD) einen Referentenentwurf für ein Altersvorsorgereformgesetz vorgelegt, der vom Bundeskabinett mittlerweile angenommen und in den weiteren Gesetzgebungsprozess abgegeben worden ist. Das neue System soll am 1. Januar 2027 starten.
Verbänden und Interessenvertretungen wurde die Möglichkeit eingeräumt, in drei knappen Werktagen zu dem über hundert Seiten umfassenden und detailreichen Gesetzesentwurf Stellung zu nehmen. Das ist für eine sorgfältige und sachgerechte Auseinandersetzung mit dem Reformvorhaben viel zu kurz. Ein paar Knackpunkte lassen sich gleichwohl erkennen.
Der Gesetzesentwurf orientiert sich sehr stark an den Reformideen der Vorgängerregierung aus Oktober 2024. Wie schon damals begrüßt der Verbraucherschutzverein, dass über ein ‚Altersvorsorgedepot“ auch kapitalmarktnahe Produkte wie ETF-Sparpläne gefördert werden sollen. Gut ist zudem die Möglichkeit, künftig Auszahlungspläne ohne verpflichtende Verrentung zu nutzen. Beides kann Verbraucherinnen und Verbrauchern mehr Freiraum bei der Gestaltung ihrer Altersvorsorge geben. Das ist für diejenigen vorteilhaft, die ihre Finanzangelegenheiten gut eigenständig regeln können. Andere werden von den komplexen Förderregeln und der Produktvielfalt überfordert sein und sich weiterhin an die vermeintlich kostenlose Beratung des provisionsgesteuerten Finanzvertriebs wenden.
Nach Auffassung des Verbraucherschutzvereins wäre ein staatlich organisiertes Standardprodukt in dieser Hinsicht eine sinnvolle Ergänzung: Dieses muss einfach zugänglich und vertriebsunabhängig sein. Außerdem sollte es kostengünstig, transparent und qualitativ ausgestaltet sein und im Wettbewerb zu den Angeboten privater Anbieter stehen. Darauf will das Bundeskabinett nach dem aktuellen Gesetzesentwurf aber weiterhin verzichten.
„Es ist mir unbegreiflich, dass die Regierung die Empfehlungen der Verbraucherverbände, der Wirtschaftsforschung und selbst der Wirtschaftsweisen unbeachtet lässt und keine Standardlösung schafft. Die Leidensgeschichte von 25 Jahren Riester-Rente hat gezeigt, dass die Finanzindustrie die staatlich geförderte private Altersvorsorge eher als Beute begreift, denn als Gelegenheit zum Dienst an der Gesellschaft. Ein staatliches Vorsorgeprodukt kann dieses Verhalten korrigieren."
Der BdV macht in der Stellungnahme zum Referentenentwurf deutlich, wo der Entwurf auch in anderer Hinsicht nicht weit genug geht oder sogar Rückschritte birgt. Kritisch sieht der Verbraucherschutzverein insbesondere die geplante Abkehr von der aktuellen PIA-Methodik bei den Produktinformationen hin zu den EU-PRIIPs-Vorgaben. Diese sollen zu mehr Vergleichbarkeit führen, sorgen aber nach Einschätzung des BdV eher für Intransparenz und erschweren eine verlässliche Bewertung von Kosten und Risiken. Besonders negativ ins Gewicht fällt aus Sicht des BdV, dass der Entwurf auf wichtige Förderbausteine verzichtet, die im pAV-Reformgesetz der Ampel-Koalition vorgesehen waren – etwa die Erhöhung des förderfähigen Höchstbetrages auf 3.000 (perspektivisch 3.500 Euro). Hier bleibt der Entwurf mit 1.800 Euro deutlich dahinter zurück.
Handlungsbedarf sieht der BdV zudem bei der Frage, wie Leistungen aus geförderten Verträgen künftig in der Grundsicherung berücksichtigt werden und wie Anbieter ihre Kosten in der Auszahlungsphase offenlegen sollen. Beides spielt für die tatsächliche Rentenhöhe eine entscheidende Rolle.
Der BdV fordert die politisch Verantwortlichen auf, die im Reformprozess gesetzten Ziele – mehr Transparenz, mehr Fairness, mehr Verbrauchernähe – konsequent abzusichern und die identifizierten Lücken zügig zu schließen.