8.2.2021

Goodbye Deutschland – richtig versichert auswandern

Jährlich verlassen mehr als 100.000 Deutsche ihre Heimat, um ihr privates und berufliches Glück im Ausland zu finden. Visum beantragen, Reise und Unterkunft organisieren, Transport von Hab und Gut planen, Abonnements und Mobilfunkverträge kündigen… – wer seinen Wohnsitz dauerhaft ins Ausland verlagert, hat meist eine lange To-Do-Liste. Dennoch sollte dabei das Thema Versicherungsschutz nicht vernachlässigt werden, denn auch in der neuen Heimat kann das Leben einmal unglücklich verlaufen. 

Die Privathaftpflichtversicherung bietet einen unverzichtbaren Schutz, den ausnahmslos alle haben sollten. Daher sollten Auswandernde auch in der neuen Heimat auf diesen Versicherungsschutz auf keinen Fall verzichten. Die Versicherten sollten daher frühzeitig bei ihrem Haftpflichtversicherer nachfragen, ob und wie lange der bestehende Versicherungsschutz auch bei dauerhaftem Umzug ins Ausland beibehalten werden kann.

Für Auswandernde ist es in jedem Fall empfehlenswert, sich im Ausland umgehend neu zu versichern – selbst wenn der Vertrag fortgesetzt werden kann. Der deutsche Vertrag sollte lediglich als Überbrückung dienen, bis der neue Versicherungsschutz gilt. Denn im Schadenfall weist die Haftpflichtversicherung deutscher Prägung möglicherweise empfindliche Deckungslücken auf, da in anderen Ländern das Haftpflichtrecht komplett anders ausgestaltet sein kann.

Was passiert mit dem Krankenversicherungsschutz?

Auch eine Krankenversicherung ist überall essenziell. Auswandernde sollten bereits frühzeitig vorm Umzug ins Ausland klären, ob sie in eine dort geltende allgemeine (staatliche) Krankenversicherungspflicht einbezogen werden. Gesetzlich Krankenversicherte, die unbefristet ins Ausland gehen, verlieren in jedem Fall ihren Versicherungsschutz und müssen sich daher nach einer Alternative umsehen. Wer in Erwägung zieht, doch einmal nach Deutschland zurückzukehren, sollte sich vor der Auswanderung bei der eigenen Krankenkasse über die Möglichkeit einer Anwartschaftsversicherung informieren. Durch den Abschluss einer solchen lassen sich mögliche Komplikationen bei der Rückkehr vermeiden. Denn trotz Krankenversicherungspflicht kann es bei einer Rückkehr zu Schwierigkeiten kommen – vor allem hinsichtlich der Vorversicherungszeiten für die Krankenversicherung der Rentner und der Wartezeiten für die soziale Pflegeversicherung.

Versicherte in der privaten Krankenversicherung (PKV) können ihren Vertrag fortführen, sofern sich der neue dauerhafte Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat der EU oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum (EWR) befindet und in der neuen Heimat keine gesonderte Pflichtversicherung besteht. Der Versicherer ist dann aber nur zu den Leistungen verpflichtet, die er auch in Deutschland zu erbringen hätte. Ziehen Privatversicherte dauerhaft in ein Land außerhalb von Europa, endet das Versicherungsverhältnis grundsätzlich. Einige Versicherer bieten zwar die Möglichkeit, den Vertrag fortzusetzen, sind aber nicht verpflichtet, eine solche Vereinbarung einzugehen und können Beitragszuschläge verlangen. Um mehr zu erfahren, sollten sich Auswandernde frühzeitig vor der Abreise aus Deutschland an ihren Versicherer wenden.

Wer die PKV im Ausland nicht nutzen kann, aber mit dem Gedanken spielt, später einmal nach Deutschland zurückzukehren, sollte eine Anwartschaftsversicherung in Betracht ziehen. Sonst besteht das Risiko, nach der Rückkehr bei entsprechendem Gesundheitszustand nur noch in den brancheneinheitlichen Basistarif der PKV aufgenommen zu werden.

Das Versicherungsverhältnis bei Kranken- und Pflegezusatzversicherung endet grundsätzlich, wenn Versicherte ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort dauerhaft ins Ausland verlegen. Mehr als die Hälfte der privaten Krankenversicherer sehen bei Pflegetagegeldtarifen aber die Möglichkeit der Fortsetzung vor. Auch hier empfiehlt sich die frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem Krankenversicherer.

Ist die Arbeitskraft auch im Ausland abgesichert?

Zu den existenziellen Absicherungen zählt auch die der Arbeitskraft, zumindest für alle, die mit Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt verdienen. Die meisten Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) bieten mittlerweile einen ortsungebundenen, weltweiten Versicherungsschutz an, der auch dann bestehen bleibt, wenn Versicherte ihren dauerhaften Wohnsitz ins Ausland verlegen. Ob das für ihren eigenen BU-Schutz gilt, sollten Auswandernde prüfen: entweder schauen sie dafür in ihren Versicherungsvertrag oder fragen bei ihrem Versicherer nach.

Im Falle des Eintritts der Berufsunfähigkeit können die Versicherer eigene Ärzt*innen beauftragen, um die Leistungspflicht festzustellen. Versicherte, die im Ausland leben, müssen dann teilweise auf eigene Kosten zur Untersuchung nach Deutschland reisen. Die Berufsunfähigkeitsrente können Ausgewanderte auch im Ausland beziehen. Allerdings tragen bei Überweisungen in Länder außerhalb des EWR die Empfangsberechtigten das damit verbundene Risiko. Für Ausgewanderte kann es daher vorteilhaft sein, ein Konto in Deutschland zu behalten, um den Zahlungsverkehr darüber abzuwickeln.

Sind Unfall- und Todesfallrisiko weiterhin versichert?

Bei Unfallversicherungen besteht ebenso keine örtliche oder zeitliche Begrenzung, so dass Auswandernde sie in der neuen Heimat weiterführen können. Auch hier kann der Versicherer im Leistungsfall eigene Ärzt*innen beauftragen, um die Invalidität und somit seine Leistungspflicht festzustellen. So kann es sein, dass Versicherte dann für eine Untersuchung auf eigene Kosten nach Deutschland reisen müssen.

Bei Risikolebensversicherungen gilt ein weltweiter Versicherungsschutz für die Dauer des Vertrages. Daher kann auch diese Versicherung im Falle einer Auswanderung fortgeführt werden. Verstirbt die versicherte Person, überweisen die Versicherer die Versicherungssumme auch ins Ausland. Bei einer Überweisung in Länder außerhalb des EWR tragen die Empfangsberechtigten das damit verbundene Risiko.

Weitere wichtige Informationen zu den Regelungen, die für Versicherungen rund um Kfz, Hausrat, Wohngebäude, Rechtsschutz, Tierhalter-, Öltank- und Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht sowie Altersvorsorge gelten, hat der BdV im Info-Wissenspool gesammelt. 


Julia Alice Böhne, Pressereferentin beim Bund der Versicherten

Über mich

Ich bin Julia Alice Böhne und seit Februar 2018 als Pressereferentin beim Bund der Versicherten. Zuvor habe ich mehrere Jahre als Journalistin bei einem Fachmagazin für und über die Finanz- und Versicherungsbranche geschrieben. Der Aspekt des Verbraucherschutzes hat mich dabei besonders interessiert. Denn je mehr ich mich mit Versicherungen beschäftigt habe, desto deutlicher wurde, wie undurchsichtig die Branche und ihre Produkte für die meisten Menschen sind. Gleichzeitig empfinden viele das Thema als langweilig oder gar lästig, obwohl es teilweise um existenziellen Schutz geht. Ich möchte dazu beitragen, diese Intransparenz zu beseitigen und mehr Interesse an Versicherungsthemen zu erzeugen – unter anderem mit Beiträgen im BdV-Ratgeber.