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Lebens- und Rentenversicherung | 22.10.2018

Bundesfinanzminister Scholz hilft Lebensversicherern bei Kalkulationsfehlern

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Wie ein Vertreter des Bundesfinanzministeriums am Freitag mitteilte, hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz die geplanten Änderungen zur Zinszusatzreserve beschlossen. Damit bekommen die Lebensversicherungsunternehmen erneut Hilfe, um formal den Reserveanforderungen zu genügen, denen sie ansonsten womöglich nicht mehr nachkommen könnten. „Wir begrüßen, dass die Versicherungsbranche kurzfristig Entlastung bekommt“, kommentiert Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bund der Versicherten e. V. (BdV) das Vorgehen. „So müssen die Kundinnen und Kunden nicht ad hoc wegen der Kalkulationsfehler der Versicherungsunternehmen noch deutlichere Einbußen hinnehmen.“ Der BdV unterstützte diese Änderung, forderte gleichzeitig aber, dass die Fehlkalkulation der Versicherer ehrlich als Ursache des Problems benannt wird. Zudem drängt der BdV darauf, dass nicht nur erneut Hilfestellung für die Branche gewährt wird, sondern auch Maßnahmen zur Hilfe der Versicherungsnehmer*innen in Angriff genommen würden.

Kritik äußert der BdV an dem jetzigen Vorgehen des Bundesfinanzministers, da diese Änderung nicht korrekt begründet ist und notwendige flankierende Maßnahmen fehlen. „Die Versicherungsunternehmen haben sich massiv verkalkuliert, aber es fehlt die Offenheit, das auch ehrlich so zu benennen“, so Kleinlein und ergänzt: „Wenn erneut die Versicherungsbranche von der Politik Schützenhilfe bekommt, so ist es dringend an der Zeit, überfällige Reformen zu Gunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher umzusetzen“. Mit Blick auf die politische Unterstützung für die Lebensversicherer erklärt Kleinlein: „Erst werden die Bürgerinnen und Bürger von der Politik in staatlich geförderte Produkte der Versicherer getrieben, dann sind diese Produkte falsch kalkuliert und schließlich kassieren die Unternehmen Überschüsse ein, um diese Fehlkalkulation auszugleichen“. Damit warnt Kleinlein: „Hier steht nicht nur die Glaubwürdigkeit der Versicherungswirtschaft auf dem Spiel, auch die Politik wird sich Fragen der sparenden Bürgerinnen und Bürger gefallen lassen müssen.“

Hintergrund der Diskussion ist ein erhöhter Reservebedarf, da die Versicherungsunternehmen in der Vergangenheit mit deutlich höheren Zinsen kalkulierten als sie heute erwirtschaften können. „Die Versicherer haben sich massiv verkalkuliert und bekommen deswegen zum wiederholten Mal staatliche Unterstützung“, erklärt Kleinlein. So haben viele Unternehmen zum Beispiel in den 90er Jahren die Verträge mit einem Garantiezins von vier Prozent kalkuliert, obgleich sie auch mit einem niedrigeren Zinssatz hätten rechnen können. „Ohne Not sind die Versicherer wie Hasardeure in ungewisse Verpflichtungen gegangen“, kritisiert Kleinlein. „Ein Blick nach Japan hätte schon damals in den 90er Jahren gezeigt, wie hochgradig riskant das Kalkulationsgebaren der deutschen Lebensversicherer damals war.“

In den letzten Jahren hat die Politik der Versicherungswirtschaft immer wieder geholfen, damit diese Kalkulationsfehler nicht zu Insolvenzen führten. Mit Verweis auf die Probleme, die sich aus der Fehlkalkulation und dem Niedrigzins ergeben, wurde etwa schon 2011 die Zinszusatzreserve eingeführt und den Unternehmen seit 2014 die Möglichkeit gegeben, die Überschussbeteiligung massiv zu kürzen. „Die Versicherten müssen schon seit knapp einem Jahrzehnt massive Kürzungen hinnehmen, weil sich die Versicherungsunternehmen verkalkuliert haben“, erklärt Kleinlein. Dennoch hat sich auch der BdV für die Änderungen bei der Zinszusatzreserve ausgesprochen, da dies zu noch stärkeren Einbußen der Kund*innen führen würde. Er fordert jedoch zusätzliche Maßnahmen zur Stärkung der Versicherten.

Flankierende Maßnahmen, die einen Ausgleich zugunsten der Kund*innen schaffen würden, stehen zwar aktuell zur Diskussion, sind aber erst einmal vertagt. Dabei geht es um einen Provisionsdeckel, eine angemessene Beteiligung an den Bewertungsreserven und einen fairen Umgang mit den Kund*innen bei Abwicklungsplattformen und beim Run-Off eines Unternehmens. Ausführlich geht der BdV in seiner Stellungnahme auf diese Punkte ein. „Jetzt ist die Politik gefordert, endlich auch die Versicherten ernst zu nehmen und nicht nur der Versicherungsbranche zu helfen“, so Kleinlein. Zusätzlich kritisiert er den Stil des Bundesfinanzministeriums: „Es ist ein fatales Zeichen, wenn eine solche Entscheidung ausgerechnet bei einer Veranstaltung der Versicherungslobby bekannt gegeben wird.“

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